Künftig Erdkabel statt Überlandleitungen in Deutschland?

So unterschiedlich die Positionen in der Energiefrage sind, eines haben die widerstrebenden Meinungen alle gemeinsam: Selbst die am stärksten befürwortete Energieform will keiner als Atomkraftwerk oder Windrad vor der Haustür haben. Absolute Gemeinsamkeit besteht bei den Deutschen in der Ablehnung der Überlandleitungen für den Stromtransport. Der Energiesektor gleicht einer Büroausstattung, bei der jeder Kollege seine Sonderwünsche anmeldet. Für den Arbeitsort im Unternehmen kann man den Bürobedarf bestellen von DURABLE und alle Wünsche werden erfüllt. Für den Energiebereich dagegen gibt es noch kein Konzept, das jeden zufriedenstellt.

Der Ausbau des Stromnetzes sorgt für neue Diskussionen

Seit die Deutsche Energieagentur (dena) im Jahre 2010 einen Mehrbedarf von über 3.500 km neuer Hochspannungsleitungen festgestellt hat, haben sich die Diskussionen im Energiesektor weiter verschärft. Den Traditionalisten dienen die neuen Stromtrassen für den Transport des in Norddeutschland per Windkraft erzeugten Stroms in die anderen Landesteile als Argument dafür, keine neuen Erzeugerstandorte aufzumachen und lieber den Ausbau bestehender (darunter auch atomarer) Kraftwerke zu bevorzugen. Die Umweltschützer halten dagegen, dass der Stromtransport ja auch unterirdisch erfolgen könne und damit das Landschaftsbild geschont werde. Das Kostenargument lassen sie nicht gelten.

Die Befürworter der unterirdischen Stromtrassen berufen sich auf eine Aussage des Leiters der Deutschen Energieagentur Stephan Kohler, dessen Einrichtung für den Fall der kompletten Verlegung aller Hochspannungsleitungen unter die Erde gerade einmal eine Erhöhung des Strompreise um 0,3 Cent pro Kilowattstunde errechnet hat. Weniger günstig, aber immer noch akzeptabel, fällt eine Untersuchung des Bundesverbandes Windenergie aus, die auf 30 % erhöhte Stromkosten kommt.

Aus dem Gegenlager werden deutlich höhere Preise verlautbart. Sie liegen zwischen dem Drei- bis Zehnfachen des bisherigen Strompreises. Offenbar bezieht jede Seite so viele Nebenkosten mit ein, wie es für die eigene Argumentation notwendig ist. Ein Schlichtungsvorschlag lautet deshalb, für die Windenergie aus dem Norden ein Beispielprojekt durchzuführen und daraus die realen Kosten zu bestimmen.